Die Bilder sind wetter- und UV-fest und outdoor geeignet.
Alle Rahmen sind handgemacht. Als Material verwende ich Holz mit Geschichte.
Alte Kisten, die schon tausende Meilen übers Meer gefahren sind, Türen, hinter denen geliebt, gestritten und gelebt wurde. Gartenzäune, hinter denen die Nachbarn getratscht und gelästert haben. Bootsplanken, die ihren Fischer hunderte Male sicher nach Hause gebracht haben.
Und vieles mee(h)r.
All dies entsteht an meinem Lieblingsort: Haffkrug/Scharbeutz – direkt am Strand.
Ja, ich weiß. Ich bin Euch noch den dritten Teil unserer Weihnachtsreise in den Harz schuldig.
Aber wer mich kennt, weiß, dass ich ab und zu auch mal den vierten vor dem dritten Schritt mache. Oder so. Und wer mich bisher nicht kannte, weiß es jetzt. Es ist also so, dass wir schon wieder losgefahren sind, bevor ich überhaupt dazu gekommen bin, den Harz gebührend abzuschließen. Kommt aber noch. Bestimmt.
Hier geht es zu Teil 1 und Teil 2 „Schneeketten günstig abzugeben“ – unsere Weihnachtsgeschichte im Harz
Habt Ihr gute Vorsätze für den neuen Monat und das neue Jahr? Ach wie schön – wir nämlich auch nicht. Aber wir hatten Lust, Walter gar nicht erst kalt werden zu lassen und direkt am ersten Wochenende wieder loszufahren. Wenn man längere Zeit nicht unterwegs war, denkt man immer „ach, wir könnten ja mal wieder“, kann sich dann aber nicht aufraffen und lässt tausend Dinge wichtiger erscheinen. Wenn Du aber erstmal wieder „in Fahrt“ bist, fährst Du auch direkt wieder los. So geht es uns jedenfalls.
Dementsprechend flutschte es auch beim Packen. Die geliebte Hausbesetzerin stellt mir zwei große Wäschekörbe hin, bevor sie sirenengleich säuselt und zur Arbeit entschwindet. Björni packt das schon. Stimmt, der hat nämlich einen halben Tag frei und widmet sich routiniert dem Packtheater.
Wir hatten uns mal vorgenommen, eine gewissen Grundausstattung Klamotten und Zeugs im Walter zu belassen: nur noch die Zahnbürste greifen und jederzeit abfahrbereit. Aber wie das so ist mit den guten Vorsätzen. Neben der Zahnbürste fehlte dann doch noch die ein oder andere Kleinigkeit. Wie gesagt, die eine Hälfte davon passte in zwei Wäschekörbe, die andere Hälfte trage ich einzeln in unsere kleine Nussschale.
Karlchen schaut mir aus dem Küchenfenster zu und ich entdecke eine tiefe Sorgenfalte auf seiner Stirn. Der hat doch schon wieder Angst, dass er nicht mitdarf.
Kaum bin ich fertig mit packen und lasse aus Versehen die Tür offen, schießt er wieder der Blitz aus dem Haus und in den Walter und nimmt erwartungsvoll auf dem Beifahrersitz Platz.
Ah ja, wird wohl Zeit. Abfahrt!
Wir schaukeln durch dichten Stadt- und Feierabendverkehr mit dem Ziel, Soni rechtzeitig abzuholen. Karlchen sitzt wie Krösus neben mir, nur wenn es ein Fahrradfahrer wagt, sich an der Ampel neben uns zu stellen, verzieht er sich vor lauter Angst kurz unter den Tisch.
Große Freude auf beiden Seiten, als wir ankommen. Karlchen zeigt Soni, wie man würdevoll neben dem Chauffeur sitzt (dabei kann sie das längst) und rückt sogar ein ganz klein bisschen zur Seite, damit sie auch sitzen kann. Halbwegs jedenfalls.
Wir haben Hunger. Also entscheiden wir uns für Ratzeburg als erste Station, auch wenn dies eigentlich erst für Sonntag auf dem ReiseSpeiseplan stand. Aber Ratzeburg ist nicht weit weg, groß genug um uns Abends noch satt zu kriegen und ganz hübsch soll es ja auch sein.
Ist es tatsächlich! Die Anfahrt zwischen den Seen mit einer immer noch weihnachtlich beleuchteten Stadt im Hintergrund ist ganz bezaubernd. Zielsicher finden wir einen Parkplatz direkt am Ufer, neben dem örtlichen „Hallenbad“. Ja, das heißt hier wirklich noch so.
Insgeheim suchst Du als Camper ja immer nach einer Option, angenehm extern duschen zu gehen. Kannst Du im Wohnmobil natürlich auch machen, ist aber eng, das Wasser tröpfelt und um das Grauwasser muss sich der Kerl später dann ja auch wieder kümmern. Also sind externe Duschen meistens herzlich willkommen. Nach einer alten Camperregel muss dies nicht viel öfter als alle drei Tage sein, aber solange sind wir ja noch nicht dabei.
Warum erzähle ich diesen indiskreten Quatsch? Ach ja, Hallenbad. Bei einer Zigarette im dunklen Schummerlicht des Hallenbadparkplatzes suche ich nach den Öffnungszeiten und der Sauna. Sauna ist nämlich großartig und ganz nebenbei könnte man dann auch …. Sauna gibt es nicht, heißt ja auch „Hallenbad“. Öffnungszeiten: 14:00 – 19:00, Freitags bis 21:00. Samstag und Mittwoch geschlossen – wegen Vereinstraining. Hmm, bis 14:00 wollten wir morgen nicht hier bleiben und außerdem ist dann Samstag. Soll ich dem örtlichen Schwimmverein….? Nein, drei Tage sind drei Tage und fangen erst morgen an.
Mit Karlchen geht es noch eine große Runde um den See. Dabei treffen wir auf einen jungen Mann mit seinem Sohn und einer lebhaften Hündin, die mit Karlchen spielen möchte. Er hat aber genauso viel Angst vor dem Mann und dem Kind, wie er ebenfalls spielen möchte. Blödes Dilemma für ihn, lustiges Leine-Verknoten für uns.
Wer so tapfer den zweiten Tag in Folge seine 10.000 Schritte geschafft und den „Ring geschlossen“ hat, darf auch gut essen. Also marschieren wir weitere 2.000 Schritte hinauf in die Stadt, welche tatsächlich ganz niedlich ist – zumindest im Dunkeln. Vorher hatte ich uns online eine Empfehlung für ein alteingesessenes, örtliches Restaurant rausgesucht, welches regionale Spezialitäten und insbesondere Fisch aus dem Ratzeburger See anbietet. Darauf hatten wir jetzt richtig Lust!
Auf dem kleinen Marktplatz können wir uns schnell orientieren und finden es prompt. Allerdings stehen wir vor dunklen Scheiben, einer mit Brettern verrammelten Tür und einem Haus, welches seine besten Zeit längst hinter sich hat. Wie ich später lesen werde, war die Empfehlung mehr als vier Jahre alt – und das Restaurant mindestens genauso lange schon geschlossen.
Da stehen wir nun, haben Hunger und Appetit und drehen uns um die eigene Achse auf der Suche nach einer Leuchtreklame, die Linderung verspricht. Am anderen Ende des Marktes werden wir fündig und gehen frohen Mutes ins „Lavastein“.
Ich mach es kurz: drinnen war es viel zu warm, viel zu laut und das Essen war scheußlich. Ich hatte gehofft, durch etwas Süßes zum Dessert noch irgendetwas retten zu können. Aber vergeblich. Ich wusste nicht, dass Zimtpflaumen mit Vanilleeis und Sahne so widerlich sein können. Soni hat ihren NewYorkCheeseCake gar nicht erst bekommen, weil dieser bereits vergoren war.
Da hilft nur Alkohol. Aber eine lustige Bar oder ähnliches finden wir nicht – egal wie oft wir uns auf dem Absatz umdrehen. Wie gut, dass wir den Rum nicht jedes Mal ein- und auspacken. Den haben wir nämlich immer im Walter.
Am nächsten Morgen begrüßt uns Ratzeburg in regnerischem Einheitsgrau. Schade eigentlich, aber wenn hier alles grün und sonnig ist, ist es bestimmt ein traumhaftes Plätzchen. Naja, bis dahin sind es noch 4 Monate und ganz so lange haben wir keine Zeit.
Was hilft, ist ein gutes Frühstück. Es ist früh am Morgen, die Vereinsschwimmer schwimmen, wir schlemmen. Es geht zurück in die Stadt, diesmal nehmen wir einen anderen Weg und entdecken einen etwas in die Jahre gekommen Charme einer kleinen Kreisstadt. Aber wie gesagt, es ist auch grau und verregnet.
Zurück am Marktplatz finden wir zwei Bäcker. Die Auslage des örtlichen Handwerksmeisters ist ähnlich ambitioniert wie Karlchen heute morgen. Bei dem anderen muss ich mich heute aus persönlichen Gründen weigern. Trotzdem gehe ich bei beiden „recherchieren“, allerdings ohne hilfreiches Ergebnis. Nix neues und nix inspirierendes dabei.
Und schon wieder sucht das Hungerradar, da erinnere ich mich an eine kleine Tortenmanufaktur, welche ich gestern Abend in einer Seitenstraße entdeckt habe. Torte zum Frühstück geht immer.
Mit ein paar schnellen Schritten sind wir da und es leuchtet warm und verführerisch von innen. Voller Euphorie hole ich mir eine Beule an der Glasscheibe. Die Tür ist verschlossen und öffnet sich erst um 10:00 – wer lesen kann ist klar im Vorteil.
Wir nutzen die Zeit für ausgiebiges Window-Shopping. Soni im örtlichen „MC – ModeCentrum“, ich bei einer zweiten Runde in den beiden traurigen Bäckereien.
Um nicht aufdringlich zu wirken, stehen wir um 10:10 vor der warmen Tür und diesmal lässt sie sich tatsächlich auch öffnen.
Ich bleibe gleich begeistert vor der Torten-Theke stehen, Soni entdeckt ein liebevoll angerichtetes Frühstücksbuffet. Hier können wir gerne bleiben, bis alles wieder grün ist und die Sonne scheint.
Machen wir auch. Es gibt alles, was wir uns gerade wünschen können, der Kaffee ist gut und nachdem wir das halbe Buffet allein leergefressen haben, lasse ich mir von der freundlichen Bäckerin die Tortenauslage erklären.
Stolz erzählt sie uns, dass sie alles selbst backt, was wir beim Frühstück durch die offene Backstube schon beobachten konnten. Die meisten Torten und Kuchen sind armenische Spezialitäten und sehen umwerfend aus. Auch wenn ich gleich platze, ich muss ein kleines Schnittchen probieren. Ich liebe es, ein ganz besonderer, bisher selten kennengelernter Genuss.
Und da sind noch so viele andere Torten, die ich unbedingt probieren möchte – nein muss. Aber inzwischen geht es nicht mehr um Kalorien, Tortenbauchansatz oder Zuckerschock. Es geht ums Überleben: ich platze gleich.
Also muss ich etwas mitnehmen. Unter dem lästerhaften Blick der Platzbesetzerin lasse ich mir die schönsten Stücke einpacken. Wer weiß, was es heute oder morgen noch so zu essen gibt.
Dringende Empfehlung, wenn Ihr in Ratzeburg seid: „Anna’s Sweet Cakes“ direkt am Markt, Große Wallstrasse 4
Zurück bei Walter gibt’s eine kleine „Mittagspause“ und dann passiert etwas ganz Ungeheuerliches: die Sonne scheint und es fühlt sich fast wie Frühling an. Das können wir gut gebrauchen, denn wir wollen weiter nach Zarrentin und an den Schaalsee. Und das nicht ganz ohne Grund: kurz hinter Zarrentin steht die altehrwürdige „Schaalmühle“, eine Wassermühle, die durch die unter dem Haus durchfließende Schaale angetrieben wurde. Und der Müller dieser Mühle war mein Opa.
Ich erinnere mich leider nur noch vage, so oft war ich als Kind leider nicht dort – die Schaalmühle und auch Zarrentin waren Grenzgebiet und man durfte nur mit besonderem Passierschein überhaupt dorthin.
Das hat sich inzwischen zum Glück geändert und auf Anhieb finden wir die Abfahrt. Und sofort ist alles wieder da und ich erinnere mich an das Gefühl, wenn wir früher mit dem Lada abgebogen sind: die enge Abfahrt, der schmale, holperige Weg, die knorrigen alten Bäume. Überraschenderweise passt es mit dem dicken Walter trotzdem.
Das letzte Stück gehen wir zu Fuß, Karlchen munter vorweg. Und wieder ist es wie früher: das alte Wehr, welches die Schaale aufstaut, bevor sie unter dem Mühlenhaus hindurchfließt. Die schwere Tür und selbst Opas Schuppen steht noch da. Der Schuppen war früher Werkstatt und Garage – mein persönliches Paradies aus Chaos, Werkzeug und mir unerklärlichen Gerätschaften. Ich sehe meinen Opa wieder vor mir, wie er mit seinen zwei Gehstöcken mühsam hinüberwackelt, um irgendetwas zu reparieren oder zu holen.
Die altehrwürdige Schaalmühle ragt hoch in den Frühlingshimmel, trotz Sonnenschein etwas morbide und bedrohlich. Viel hat sich seit damals nicht verändert, selbst das alte Schild am Seiteneingang zur Mühle hängt noch verwittert an seinem Platz.
Ich habe keine Lust, mich beim „neuen“ Besitzer zu melden, auch wenn ich für mein Leben gerne wüsste, wie es drinnen jetzt aussieht. Aber Opas Sessel steht ganz bestimmt nicht mehr auf den klobigen Dielen und die blau-weiß gekachelte Küche, in der Oma Blutwurst und fette Henne gebraten hat, wird es auch nicht mehr geben. Die fetzenhaften Erinnerungen an kleine und große Details sind für heute viel schöner.
Deshalb gehen wir außen herum und weil die Bäume und Büsche gerade keine Blätter tragen, können wir einen Blick auf die Obstwiese und die Rückseite erhaschen. Ich sehe den alten Aalfang, den ich damals so gruselig fand. Dahinter die Wiese, auf der unzählige alte Obstbäume standen und zum Teil heute noch stehen. Am Rand der Wiese fließt die Schaale wieder vorbei – hier habe ich Barsche geangelt und bin bestimmt mehr als einmal ins Wasser gerutscht, weil ich so ungeduldig war. Fast kann ich meine Oma aus der Küche schimpfen hören, dass ich endlich mit dem Quatsch aufhören soll.
Irgendwann komme ich bestimmt nochmal vorbei und frage die jetzigen Bewohner nach einem kleinen Blick ins Innere. Vielleicht, irgendwann.
Wir machen noch einen kleinen Spaziergang unter den alten Eichen, Karl spielt kurz mit dem Nachbarshund und bekommt von dem Erinnerungsflash seines Herrchens natürlich nichts mit. Soni ist ganz fasziniert, irgendwann aber auch gelangweilt von den Erzählungen des alten Mannes und somit fahren wir weiter – an den Schaalsee.
Am Schaalsee hat Soni einen Reisewunsch: schon so lange möchte sie geräucherten Saibling probieren. Und der aus dem Schaalsee ist wirklich der beste!
Auch der Fischer ist schnell gefunden und jedes Mal freue ich mich, was für ein schöner, idyllischer Platz es hier ist. Man hat freien Blick über den See, der Wanderweg ist eingerahmt von alten Weiden und alles sieht aus wie im Katalog eines Naturschutzgebietes. Ach ja, ist es ja auch. Deshalb.
Wir haben Glück, der Fischer ist da und hat sogar geöffnet. Nur Räucherfisch hat er nicht, den gibt es erst im März wieder. So ein Ärger. Mit frischem Fisch brauche ich Soni nicht kommen, aber mich juckt es in den Fingern. Spontan ändere ich den Speiseplan für Sonntag und hole zwei frische Saiblinge. Und frisch heißt hier wirklich frisch, also ….. o.k., ich erspare Euch Details, auch Soni ist schon mal vorgegangen.
Zarrentin selbst kenne ich tatsächlich kaum, ich glaube ich war noch nie bewusst in der „Stadt“. Grenzgebiet und so.
Aber es ist schön. Alles ist geschmackvoll hergerichtet und niedlich anzuschauen. An einer Ecke finden wir ganz überraschend einen Laden von „Backverrückt“ – eigentlich so eine hippe Bäckerei aus Hamburg und Hannover. Was machen die denn hier in Zarrentin? Egal, ein Tee wäre jetzt schön und den bekommen wir auch.
Letzte Station in Zarrentin: das Kloster. Im Sommer gibt es hier regelmäßig wunderschöne Märkte, wir müssen also wieder kommen. Aber es lohnt sich auch so. Eine wirklich beeindruckende Kirche mit Blick über den See und einem kleinen, putzigen „Heimatmuseum“ gleich nebenan.
Wir hatten kurz überlegt, in Zarrentin am See stehen zu bleiben. Neben dem Schwimmbad gibt es einen Stellplatz. Aber Schwimmbad Hallenbad hatten wir ja schon und irgendwie zieht es uns weiter.
„Wenn wir schon auf den Spuren Deiner Vergangenheit unterwegs sind, lass uns doch nach Schwerin fahren“ kombiniert Soni messerscharf. „Außerdem können wir dort Abends bestimmt mal wieder etwas leckeres Essen“ und rollt mit den Augen in Erinnerung an das Abendessen im Lavastein.
Gesagt, getan. Den Weg nach Schwerin kenne ich sogar noch aus dem Kopf.
Walter schaukelt, Karl schläft und Soni döst. Als ich in Schwerin überraschend rechts abbiege und auf einen wenig ansprechenden Komplex mit alten und neuen, hässlichen Zweckbauten, einem riesigen Parkplatz und ohne jeden Charme fahre, werden alle wach.
Ich halte vor einer putzgrauen Turnhalle mit angeschlossener Lehranstalt.
„Und hier hat Dein Mann sein Abitur gemacht“
„Ahja“
„ich erinnere mich noch, wie ich mit meinem Trabi immer genau hier geparkt habe, wenn ich denn mal da war“
„hihi“
O.k., ich gebe ja zu, dass Zeitreisen in die Vergangenheit nur für denjenigen eine Bedeutung haben, der diese Vergangenheit selbst erlebt hat. Und wie soll Soni die Bilder im Kopf haben, die bei mir gerade vorbeifliegen?
„hattest Du zu der Zeit diese komische Frisur und diese hässliche, rote Hose an?“
Ich hasse sie – manchmal hasse ich sie wirklich.
Wir fahren weiter und zur Strafe plappere ich sie an jeder Ecke voll, was ich hier und dort gemacht habe und was damals so war.
Schwerin überrascht uns: mit perfekt ausgebauten Stellplätzen direkt an der Altstadt mit Blick auf den See, das Schloss und den Marstall. Und mit einem mehr als perfekten Abendessen.
Nach einer ausgedehnten Nachmittagspause und einem Karlchen-gerechten Spaziergang am See entdecken wir die „GourmetFabrik“. Man muss auch mal Glück haben und wir bekommen noch einen Tisch.
Perfekter Service, perfektes Essen, perfekter Abend. Anders kann ich es nicht zusammenfassen. Eine wirklich ausgezeichnete Küche mit klassischer Basis und kreativen Interpretationen. Wir sind lange nicht in so vielfältige Geschmackswelten entführt worden.
Und da ich gestern und heute schon genug süßes Zeug hatte, habe ich als Dessert einen neuen, ganz außergewöhnlichen Rum entdeckt.
Die Nacht ist ruhig und angenehm, der Morgen nass und verregnet. Perfekt für einen Instant-Kaffee und das gebunkerte Stück Torte, während die Platzbesetzerin sich ausschläft. Wenn wir unterwegs sind, liebe ich diesen löslichen Kaffee ja. Das ist für mich „typisch Walter“ und ich hoffe wir werden uns niemals irgendeine andere Kaffeezubereitung im Wohnmobil zulegen.
Der Kaffeeduft weckt die schläfrige Prinzessin, die ihrerseits den Hund aktiviert. Vorbei ist es mit meiner morgendlichen Ruhe. Und wenn wir schon mal hier sind, können wir auch noch den letzten Teil meiner jugendlichen Prägephase besuchen.
Wir schaukeln quer durch die Stadt und stellen dabei fest, wie ausgesprochen schön und liebenswert Schwerin inzwischen ist. Das war vor ein paar Jahren noch nicht so. Aber heute sehen wir alt und neu in perfekter Ergänzung, liebevoll und großzügig angelegte Parkflächen, Funktion und Schönheit schließen sich bei vielen Anlagen in Schwerin überhaupt nicht aus. Alles ist wirklich durchdacht, sauber und in bestem Zustand. Fast schade, denn ich habe wirklich große Mühe ein paar Häuser zu finden, die noch aussehen „wie früher“, damit sich die von Schönheit verwöhnte Prinzessin vorstellen kann, wie das alles hier zu meiner Jugend mal aussah. Nicht ganz so fein nämlich.
Aber ich gebe zu – so gefällt es mir besser. Viel besser. Das trifft auch auf den Schlossgarten und den sich angrenzenden Franzosenweg zu, an dem wir parken. Hier fühlt es sich ebenfalls so an, als wäre Klein-Björni erst gestern mit seinem grün-roten Fahrrad zu Training gerast. Und doch ist es schon so lange her.
Wir gehen am See entlang und dachten, wir tun auch dem Hund einen Gefallen damit. Aber Pustekuchen: ein Fussballspiel in 200m Entfernung, Fahrradfahrer, Kinder und überhaupt. Das ist heute so gar nicht seine Veranstaltung. Uns egal, da muss er jetzt durch.
Genau wie ich vor 40 Jahren da durch musste, in schlecht sitzendem Ölzeug und nassen Hosen den gebrüllten Anweisungen meines Trainers Folge zu leisten. Dafür kann Karlchen heute nichts mehr, aber wir sind an „meinem“ Segelverein angekommen. Hier hat sich wirklich viel verändert. Das alte, große Bootshaus gibt es nicht mehr, dafür eine doppelt so große Steganlage. Hier wirkt plötzlich alles irgendwie steril. Naja, ich verkneife es mir, der geliebten Prinzessin zu viele alte Geschichten von diesem denkwürdigen Ort zu erzählen, von allem hat er mich aber am meisten geprägt. Nur als wir weiter gehen muss ich erwähnen, dass ich auf dieser Strecke 1x pro Woche 2.000m laufen musste.
Übrigens, es regnet immer mehr und mein romantisches Finale habe ich mir etwas anders vorgestellt. Egal, ich schleife Frau und Hund zu dem romantischsten Ort in ganz Schwerin, an dem sich bestimmt schon tausende Jugendliche zum heimlichen Knutschen getroffen haben. Aus dem Trampelpfad meiner Jugend ist inzwischen ein hübscher Holzsteg geworden, das heißt ganz so einsam und versteckt ist es heute bestimmt nicht mehr. Aber immer noch schön. Und als Soni mich fragt, ob und wie oft ich denn früher hier war, finde ich Schweigen und Knutschen die beste aller Antworten.
Karlchen müffelt wie ein nasser Hund, was er ja auch ist. Und auch für uns ist Tag drei angebrochen…. und um hier nicht unnötig Regeln zu brechen oder andere Menschen zu belästigen, müssten wir mal wieder duschen.
Wir beschließen, dass die Dusche zu Hause am schönsten ist und rufen „Abfahrt“ über den See. Bis bald Schwerin, wir kommen wieder. Das nächste Mal als ganz normale Touristen ohne diese Zeitreise-Erinnerungs-Romantik. Schön wars trotzdem.
Björn & Soni halten durch: nach 8 Wochen Leben im Wohnmobil gibt es viele ungeklärte Fragen, Erkenntnisse die die Welt verändern (könnten) und jede Menge unbezahlte Werbung.
„ach guck mal, da kommen die, die niemals zweimal auf denselben Platz fahren“
So ähnlich klang die Begrüßung auch, wenn man früher bei Tante Herha 30min zu spät zum Familientreffen aus der großen Stadt ankam.
Nur diesmal fühlen wir uns tatsächlich wie zu Hause: ankommen, Platz finden und den ersten Sekt aufreißen. Wir sind mal wieder im WoMo Hafen Scharbeutz (www.facebook.com/WomohafenScharbeutzerStrand). Wenn man sich an einem Ort so wohl fühlt wie hier, kann man moralische Grundsätze schon mal über Bord werfen. Haben wir getan, inzwischen zum siebten Mal.
Und während wir zufrieden in der Sonne sitzen und den ersten Glimmer des Tages haben, rollt ein WoMo nach dem nächsten auf den Platz. Wir fühlen uns moralisch total überlegen – waren wir doch rechtzeitig hier und haben noch einen Stellplatz ergattert. Außerdem brauchen wir längst nicht mehr soviel Zeit wie der Typ im grünen Van schräg gegenüber, bis wir am Strom hängen, die Stühle draußen haben und auf den Rampen stehen. Außerdem – der steht ja falsch herum. Das weiß man doch, dass hier in Fahrtrichtung ….. Moment mal! Lästern wir etwa gerade?
NEEEEEIIIIINNNN….!!! Wir stellen nur fest.
DOCH! Ich erwische uns dabei, wie wir vom allerfeinsten ablästern.
Dabei sind wir selbst doch die totalen Spießer geworden. WoMo-Spießer. Kaum schaffen wir es, halbwegs pünktlich loszufahren, den Wassertank nicht ganz austrocknen zu lassen und immer ein olles Toastbrot an Bord zu haben, fühlen wir uns wie die Vollprofis. Und denken kurz darüber nach, dem Kollegen nebenan kluge Ratschläge zu geben.
Ich kann mich gerade noch beherrschen, aber es ist knapp. Ich erwische mich dabei, wie ich eine innere WoMo-Spießer-Monk-Liste abhake – mit erschreckendem Ergebnis.
Dinge, die wir niemals tun würden … wollten … naja:
2x oder öfter an denselben Platz fahren hahahahahahahahaha …. nee, würden wir nie tun. Außer 7x, dann geht’s
Ausrichten in Fahrtrichtung, wie der Platzwart es wünscht Hallo? Wer sind wir denn, dass wir tun, was ein Platzwart will?! Also wir stellen …. „Schatz, passt das so? Stehen wir gerade?“
Dreiklang des Wohnmobilisten: auf die Rampen fahren, Strom anschließen, Klappstühle raus. ähm, ja? Wie denn sonst?
Satellitenschüssel ausrichten und abends GEMÜTLICH die Tagesschau gucken Haben wir nicht. Wollen wir tatsächlich auch nicht. Zumindest nicht, solange es Rotwein im Walter gibt.
Und während ich gestern Abend draußen vor der Tür stehe und rauche, sehe ich alles doppelt und dreifach. Hmm, soviel Rotwein war es doch noch gar nicht…. In der Reihe vor uns flimmert es durch die Scheiben um die Wette. Drei Wohnmobile – ein Vollintegrierter, ein Alkoven und ein Offroad. Und bei allen drei flimmert dasselbe Bild über den Flatscreen, der größer ist als unsere Tischplatte.
Kunstrasen oder Teppich vorm Einstieg Da kann der Michael mit Jumbo auf Tour (www.facebook.com/MitJumboaufTour) noch so viel lästern und giggeln, nein! Eher zieht hier ein Saugroboter ein.
(Faltbare) Spülschüssel Nein, nein und nochmals nein. Solange ich in der Lage bin, einen schlecht laufenden Abfluss im Walter zu einem reißenden Strudel umzubauen, werde ich mich dagegen wehren. Nein Soni, auch nicht in pink!
Camping-Gas-Grill Also …. alles mit Gas ist ja kochen und hat mit Grillen nichts zu tun. Und wenn ich Grillfleisch möchte, muss ich eben vorher Holzkohle anzünden. Iss so.
Ach so, darf man hier nicht. Brandgefahr. Hmm, verstehe.
Nun ist es ja so, dass wir ein Geschenk bekommen haben. Von wirklich sehr lieben Freunden. Aus gegebenem Anlass haben sie sich zusammengetan und uns … also eher Soni … ein wirklich großes Geschenk gemacht. Einen Camping-Gas-Grill. So recht wollte mir das mit der vorgetäuschten Freude nicht gelingen. Und das wurde wohl bemerkt: „warte ab Björn, Du wirst Dich noch freuen, wenn Holzkohle nicht erlaubt ist“
Ja, würde ich jetzt tatsächlich. Scheiß auf Grillaroma-Holzkohle-blabla. Das Problem ist nur: wir haben ihn vergessen. Der niegelnagelneue Gasgrill steht genau dort, wo ich ihn zum Einpacken bereit gestellt habe: zu Hause.
Über das hämische Kichern und Lachen der geliebten Grillbesetzerin brauche ich hier nicht weiter zu schreiben, oder?!
Multifunktions-Highend-Tracking-E-Bikes mit farblich passendem Helm, Multifunktions-Highend-Sportkleidung und Abdeckplane für den Fahrradheckträger hmm, also, nun ja. Haben wir. Alles, außer der Sportkleidung und Helme. Aber irgendwie auch nicht – die Fahrräder stehen nämlich neben dem Gasgrill und hoffen darauf, dass wir sie vielleicht beim nächsten Mal mitnehmen.
Multifunktions-Windbreaker im Partnerlook Ganz ehrlich, das ist Endstufe. Um am Strand spazieren zu gehen, braucht man keine Multifunktionsjacke. Und schon gar nicht eine in M und eine zweite in XL in derselben Farbe. Das haben nicht mal unsere Eltern gebracht.
„kann ich ein T-Shirt von Dir haben? Ich habe keine mehr“
Thermo-Scheiben-Abdeckung ach nee, noch bin ich frisch verliebt und male lieber Herzchen in die von innen beschlagene Frontscheibe.
Gummi-Crocs in schwarz, blau oder rosa o.k., erwischt! Auch wir tragen das Camping-Einheits-Schuhwerk. Ist aber auch verdammt praktisch.
Es wird Zeit für ein erstes Frühstück. Nescafé Gold gibt mir immer noch das Gefühl von Freiheit, Zigaretten sind auch noch da und draußen scheint die Sonne.
Während ich in Gedanken unsere ganz persönliche Camping-Spießer-Bilanz ziehe, huscht in der Reihe ganz vorne ein müder Mann im Bademantel über den Platz. 7:4 für uns, noch. Liebe Grüße an den Mann im Bademantel, wir kommen wieder. Und vielleicht stellen wir uns dann ja mal neben Jumbo ….
Wenn Du einen Satz mit „eigentlich“ beginnst, kannst du es „eigentlich“ auch gleich ganz lassen
Eigentlich war das alles ganz anders geplant. Wild und geil sollte unser Leben sein, unkonventionell, frei und besonders.
Und nun sitze ich hier zu Hause, ungeduscht, im Jogger und obwohl es ein Sonntag ist, war meine Frau gerade beim Bäcker und hat Streuselkuchen zum Frühstück mitgebracht. Ich könnte glücklicher nicht sein.
Wie konnte es bloß soweit kommen?
Keine Ahnung. Aber ich weiß, dass wir wieder einmal nichts vorbereitet hatten. Naja fast. Einen großen Strauß Rosen hatte ich bestellt. Aber sonst? Walter stand auf der Einfahrt, wie ich ihn vor zwei Wochen abgestellt hatte. Das Spülbecken lag ausgebaut neben dem Chaos aus Ablaufstutzen, Schrauben, Dichtungen und Ideen, die nicht funktioniert haben. Ich hasse es! Ich wollte doch nur „mal eben“ den Abfluss umbauen, damit das Wasser im Spülbecken auch abläuft, wenn wir mit Walter nicht mindestens 45° Neigung nach hinten haben. Handwerklich hatte ich alles perfekt geplant und alles versucht. Allein – es half nix: ein neues Abflussset bestellt – zu klein, noch ein neues Set bestellt – zu groß. Aus beiden ein ganz neues zusammenschustern – passt nicht. Stundenlang online nach einer Gesamtlösung gesucht – nix gefunden. Ich habe keine Ahnung, wer diese Überlauf-Geruchsverschluss-rechts-um-die-Ecke-Ablauf-weniger-als-2cm-Spielraum-Abflüsse erfunden hat. Wasser fließt bergab – nicht geradeaus oder bergauf! Falls derjenige hier mitliest: danke für nichts! Wenn wir mit Walter vorne nicht mindestens einen halben Meter höher stehen als hinten, läuft der Dreck nicht ab. Und von dem Spott der anderen Camper würde ich Dir gerne erzählen, lieber Abflusserfinder.
Jedenfalls, 2 Stunden vor der geplanten Abfahrt habe ich das alte Teil wieder eingebaut. Frischwasser aufzutanken habe ich übrigens nicht mehr geschafft. „Machen wir unterwegs“, hab ich mir gedacht. Bis heute ist der Tank leer, den alten Abfluss haben wir nicht gebraucht.
Noch ein kurzer Blick zurück: bevor wir hektisch gepackt, den alten Abflussstutzen eingebaut und kein Wasser getankt haben, sind wir überraschend pünktlich losgegangen. Amtsgeschäfte erledigen.
Inzwischen lieben wir es ja, in unserem kleinen Dorf aufs Amt zu gehen. (Link) Lange haben wir nach einer neuen Gelegenheit gesucht, Soni hatte die zündende Idee und jetzt war es endlich so weit.
Geduscht, gestriegelt und bester Dinge stehen wir vor der Tür: geschlossen. Gerade will ich nach der Nummer des für uns zuständigen Amtszimmers auf der großen Tafel neben der Klingel suchen, da öffnet uns eben jener Beamte die Tür persönlich. Fein im Anzug, dezente Krawatte und ebenso guter Dinge wie wir.
Im Anzug habe ich Herrn S. tatsächlich noch nie gesehen. Werde ich auch nie wieder, wie er uns später berichten wird, aber er steht ihm.
Wir werden fröhlich, fast überschwänglich begrüßt, ein kurzer Weg über die amtlichen Flure und schon sind wir da.
Plötzlich springt die Tür auf und ein großer Blumenstrauß schiebt sich herein. Dahinter kaum zu sehen unsere fröhliche Blumenfee, bei der ich vor einer knappen Stunde noch die bestellten Rosen abgeholt habe.
Von wegen „… man muss ja nicht bis zum Valentinstag warten. Blumen zwischendurch sind viel schöner….“ jajaja – Du hast alles gewusst und trotzdem nichts gesagt! Sehr schön, es tut gut zu wissen, wer hier im Dorf noch Geheimnisse bewahren kann.
Jedenfalls bekommen wir überraschend einen Blumenstrauß hereingereicht und dann soll es losgehen.
„Haben Sie die xy-Papiere dabei“?
„….???“ „nee“
„na gut, dann muss ich das eben vorlesen. Dauerts halt länger“
Nachdem wir 4 Mal bestätigt haben, dass alles seine Richtigkeit hat, geht’s auch schon los.
„hier hat übrigens noch nie jemand „nein“ gesagt“
Ich fühle mich emotional leicht unter Druck gesetzt.
„Für mich ist das hier übrigens die Letzte – für Euch bitte auch“
Alles klar, der meint das ernst.
„wollen Sie den hier anwesenden … …“
„ja“
Soni meint es auch ernst, so schnell und klar war ihre Antwort.
Und weil ich es ebenso ernst meine, antworte ich auch schnell und deutlich „ja“
Die Unterschrift mit meinem neuen Namen hakelt noch etwas, aber Herr S. verspricht mir, dass niemand außer ihm jemals wieder diese Urkunde anschaut. Und er geht ja nun bald in den verdienten Ruhestand.
Weil hier angeblich noch nie jemand „nein“ gesagt und er uns im Vorfeld vertraut hat, sind alle weiteren Unterlagen schon fertig. Mit Stempel und Siegel und so.
„Eigentlich“ wollten wir diesen Moment und diesen Tag ganz für uns alleine haben. Trotzdem hören wir ein Rufen und Winken, als wir vor die Tür in den schönsten Sonnenschein treten. Ein wenig Familie, engste Freunde und jede Menge Sprutzel. Herrlich!
Wir betrinken uns in der Sonne, Herr S. kommt dazu und plötzlich wirkt alles gar nicht mehr so amtlich. Kurz bevor wir gehen, wird uns noch eine ganz besondere Ehre zu Teil. Wir beschließen, der Chefin vom Einwohnermeldeamt (eigentlich ist sie die heimliche Chefin des ganzen Dorfes) zur Feier des Tages auch eine Dose Prosecco zu bringen. Weil die Amtszeit des Amtes bereits vorüber ist, werden wir durchs Fenster begrüßt und privat eingelassen. Wir plaudern, scherzen und verabreden uns für den Sommer auf Weißwein und Garnelen in Scharbeutz. Und plötzlich bietet uns Frau D. das „Du“ an.
Mehr geht nicht an diesem Tag!
Drei Stunden später. Aus einer geplanten, kleinen Mittagsruhe wird ein ausgewachsener Mittagsschlaf. Jetzt aber schnell. Immerhin haben wir für den Abend in Hamburg reserviert. Die Tische sind so begehrt, dass ich tatsächlich die „wir heiraten an diesem Tag“ Karte ziehen musste, um überhaupt einen Tisch zu bekommen. Wir sollten also besser pünktlich sein.
Es beginnt der übliche Tanz, kurz bevor wir losfahren: Soni packt einen Wäschekorb mit Klamotten, einer Notration Wein, Wasser für Kaffee und Tee und dies und das. Björni trägt Bettzeug, Schuhe und technischen Krimskrams in den Walter. Diesmal aber erst, nachdem das Spülbecken wieder eingebaut und verschraubt ist – aber das wisst Ihr ja schon.
Jedenfalls sind wir freudig erregt, auch wenn es hektisch ist. Karlchen weiß gar nicht was los ist, guckt verwirrt und hat vor allem Angst, dass er allein zurückbleiben muss. Kommt gar nicht in Frage, das Rudel bleibt zusammen. Für immer, wie uns Herr S. ja heute von Amtswegen empfohlen hat.
Wie auch immer wir das geschafft haben, wir kommen halbwegs pünktlich los. Walter schnurrt, auch wenn der Tank fast so leer wie die Frischwasservorräte sind. Aber irgendwas ist ja immer. Egal, wird schon klappen.
Wir kommen ohne besondere Vorkommnisse am Hafen an und finden auf Anhieb einen Walter-tauglichen Parkplatz direkt vor der Tür. Ich sag ja – das wird unser Tag heute.
Es wuselt, es ist hell, es ist bunt, es ist laut, es stinkt nach Fisch – wir lieben Hamburg!
Die nächsten drei Stunden werden wir verwöhnt, wie es uns sonst nur in den Amtsstuben unseres kleinen Heimatdorfes passiert: ein gediegenes Ambiente, Blick auf den Hafen, ein extrem aufmerksamer, aber unaufdringlicher Service. Nicht zu vergessen die Hamburger Kodderschnautze, mit der jeder Gang und jedes Glas Wein begleitet wird.
Während wir uns aneinander und über das Essen freuen, schweift der Blick zu den anderen Gästen.
Am Tisch direkt hinter uns feiert eine große Familie Papas Geburtstag. Ich schätze, er ist 60 oder 65 geworden. Die drei gerade eben erwachsenen Söhne lümmeln am Ende des Tisches, kratzen genervt die Kräuter vom Steak, trinken den teuren Rotwein wie Wasser und sind ansonsten derart gelangweilt, dass sie nach kurzer Zeit anfangen, Minecraft oder ähnliches auf ihren iPhones zu spielen. Immerhin offenbar miteinander/gegeneinander. Papa ist trotzdem glücklich, seine jüngere Tochter plaudert nämlich aufgeregt mit ihm und himmelt ihn an. Oma, Opa und Mutti sind so mittendrin und tauschen den neusten Familientratsch aus.
Als erstes entdecken wir links neben uns Frau Unternehmergattin. Soni identifiziert auf Anhieb Kleidung und Handtasche im fünfstelligen Bereich. Bezahlt wahrscheinlich von ihrem klischeehaften Hanseaten-Mann, welcher wahrscheinlich Unternehmer im Gewürz- oder Kaffeehandel ist. Es wäre jedenfalls eine Schande, mit seiner riesigen Nase nicht in diesem Bereich erfolgreich zu sein. Außerdem identifiziere ich auch hier eine gewisse Langeweile, allerdings weniger am Tisch als vielmehr im Leben insgesamt. Aber das sind natürlich alles nur Klischees.
Übrigens: Vorsicht vor Klischees. Rechts von uns sitzt ein älterer Herr, stattlich mit schlohweißem Haar. Ihm gegenüber in unserem Blickfeld eine bildhübsche Frau, deutlich jünger als Soni. „War ja klar, alter weißer Mann mit Geld und seine Gespielin“ denken wir und verdrehen innerlich die Augen. Als wir später gehen, sehen wir neben ihm – vorhin nicht in unserem Blickfeld – eine ebenso bildhübsche Frau, ebenso alt wie der weißhaarige Mann. Und es ist unverkennbar eine Vater-Mutter-Tochter-Konstellation dort am Tisch.
Welche Klischees auch immer wir hervorrufen bei den anderen Gästen, irgendwann kurz vor der Sperrstunde gehen wir fröhlich knutschend zu Walter, sind satt, zufrieden und leicht angetüddert. Karlchen dagegen findet das alles doof. Es ist ihm zu laut, zu hell und überhaupt: „Wo wart ihr denn so lange ohne mich“.
Schon immer wollten wir über Nacht mal am Fischmarkt stehen. Gesagt, getan. Die knapp 200m zurück findet Walter alleine, mit unserer Hilfe sogar einen freien Platz. Mit Blick auf den geschäftigen Hafen schlafen wir zufrieden ein.
„Guten Morgen Frau Tiedemann, wie hast Du geschlafen“ säusele ich meiner Frau am nächsten Morgen ins Ohr, als sie zwei Stunden nach mir wach wird.
„Hör bloß auf, Polizeisirene, Party, Kopfsteinpflaster und Regen auf dem Dach. Wer soll denn da schlafen?“
Ich kriege mich fast nicht mehr ein vor Lachen – genau so geht es mir auch. Wenn ich überhaupt geschlafen habe, dann nur kurz und mit laufender Unterbrechung. Ständig hatte ich das Gefühl, jemand steht direkt am Walter, der LKW hinter uns löst ein Erdbeben aus und die Möwen kreischen mir ins Ohr. Fehlt nur noch, dass ein Parkplatzwächter mit der Taschenlampe zu uns reinleuchtet. Ach ja, hat er ja auch. Kurz nach 6, als ich schon aufgestanden war.
Wann ist es eigentlich passiert, dass wir solche Pullerlieschen geworden sind? „Früher“ waren wir selbst diejenigen, die nicht laut genug sein konnten und bis zum Sonnenaufgang durchgefeiert haben. Und jetzt? Können wir in Hamburg nicht mehr ruhig schlafen. Ich glaub es ja nicht!
Wie auch immer – wir lieben Hamburg trotzdem. Der erste Kaffee im Regen an der Kaimauer ist durch nichts zu ersetzen. Höchstens vielleicht durch ein Frühstück am Strand. Und das holen wir uns jetzt. Auf geht’s an die Küste.
Walter schafft es bis zur nächsten Tankstelle, dort gibt’s neben Diesel noch einen Kaffee und nach einer guten Stunde sind wir auch schon da. Wie gestern auch mehr als pünktlich. Was ist hier los? Sollte uns das Eheleben etwa …. nein! Denk nicht einmal daran! Wild & geil soll es sein, eigentlich.
Wir haben einen Termin, aber der verläuft eher enttäuschend. Macht nichts, wir ziehen weiter und erkunden die Küste. Nach einem klassischen Mittagessen fängt es an zu regnen. Nicht so richtig, sondern so feine, fisselige Bindfäden, die überall reinkriechen. Und wenn sie es nicht schaffen, reinzukriechen, drückt der Wind das Wasser durch alle Poren. Es ist widerlich! Und es hört nicht auf. Es wird immer mehr Wasser und immer mehr Wind.
Walter stemmt sich tapfer gegen den Wind, auch wenn er inzwischen eher Schlangenlinien fährt. Aber als Kapitän eines so stolzen Schiffes kann ich das natürlich nicht zugeben. „Wind ist erst, wenn die Schafe keine Locken mehr haben“ zitiere ich mich selbst und fahre tapfer weiter.
Wohin eigentlich? Keine Ahnung. Die letzte Station unserer Rundreise haben wir absolviert und wollten uns jetzt eigentlich einen Stellplatz für die Nacht suchen. Am liebsten direkt am Wasser.
Bei dem Sturm? Selbst ich muss inzwischen zugeben, dass das keine verlockende Idee ist. Die ersten Schafe dürften inzwischen tatsächlich keine Locken mehr haben, wenn sie nicht vorher ertrunken sind. Es schüttet und stürmt wie Odins Rache.
„und warum fahren wir nicht einfach nach Hause?“ fragt mich meine frisch angetraute von der Seite. Habe ich wirklich….? Ja! Und sie hat irgendwie Recht. Ob wir jetzt im Sturm und Regen an der Küste stehen und schlecht schlafen oder zu Hause voll die Spießer sind – dafür aber gut schlafen – ist eigentlich keine schwere Entscheidung.
Karl brauchen wir gar nicht erst zu fragen, der findet sowieso gerade alles doof. Teeny eben. Also los. Nach zwei Stunden rollen wir sicher und trocken auf den Hof. Die alten Mauern empfangen uns mit Wärme und Sicherheit. Noch einen Schlummertrunk und am nächsten Morgen werden wir das Gefühl haben, noch nie so gut geschlafen zu haben. Es wird Streuselkuchen zum Frühstück geben und einen Plan für die nächste Tour. Richtung Süden, in die Sonne. Gute Nacht! Und schlaft gut!
Wenn man auf dem Platz nebeneinander steht, kann man sich ja auch mal unterhalten.
Vor allem, wenn ein Van und ein Wohnmobil nebeneinanderstehen. Bei dem ein oder anderen Glas Wein wird es im Walter richtig gemütlich.
Viel Spaß bei philosophischen Betrachtungen über Schrankwand vs. Van, Gasgrill vs. Holzkohle, Handstaubsauger vs. Handfeger und den heißesten Tipps für den nächsten Traumplatz.
Heute mit Nick, Marco, Soni, Björni & Karl. Viel Spaß beim zuhören!
Gefahr ist im Verzug. Wenn die Weinvorräte im Hause der Platzbesetzer auf weniger als eine Wochenration zurückfallen, bricht plötzlich hektische Betriebsamkeit aus.
Der bevorzugte Weinhändler wird kontaktiert, die aktuellen Lieblingsreben werden mit den aktuellen Angeboten abgeglichen, der Kontostand wird geprüft, Bestellungen werden ausgelöst. Es herrscht ein wenig Aufregung, als würde eines der Kinder auf Klassenfahrt gehen.
Nicht so diesmal. Es herrscht buddhistische Gelassenheit. Selbst Karl ist seit ein paar Tagen total entspannt und hibbelt nur, wenn er wirklich dringend raus muss. Aber Karl hat ja auch keine Ahnung von Wein.
Was ist da los? Leben die Platzbesetzer etwa plötzlich enthaltsam?
HahahahahHahahahaha – ja, sie enthalten sich inzwischen vieler Dingen, die früher einmal wichtig erschienen. Aber ein kalter Wein-Entzug? Kannst Du ja mal versuchen – wir nicht 😉
Nein, der Grund ist so banal wie überraschend: es gibt einen Plan.
Und der sieht vor, dass sich das kleine Camping-Rudel von Walter an die Mosel fahren lässt. Und wo, wenn nicht dort, kann man sich quer durch den Rebengarten probieren und wie nebenbei Vorratshaltung betreiben? Außerdem wollte Björni der geliebten Weinkellerbesetzerin mal zeigen, woher die ganzen liebreizenden Gedichte, Klischees und Kulissen deutscher Romantikfilme so stammen.
Also an die Mosel.
Vor die Fahrt an die liebreizende Mosel …. hat natürlich wieder jemand etwas gesetzt. Wer immer es sonst noch war – Björni war auch dabei. Er wollte nämlich vorher noch „eben schnell“ die Terrasse pflastern, die schon seit 8 Monaten brach liegt. Aber jetzt sollte es sein, sonst schmeckt der Wein auch an der Mosel nicht.
Gesagt getan. Und nach wem rufen Middle-Ager, wenn sie ihre eigenen Fähigkeiten und Ressourcen mal wieder völlig überschätzt haben? Genau – nach Opa. Das ist nicht nur für die Kinderbetreuung hilfreich, sondern auch für das Herankarren terrassentypischer Materialien wie Kies und Platten.
Opa schafft also das Material ran, Björni ruiniert das danebenliegende Beet, seine Kniee und die Geduld aller Nachbarn. Aber am Ende ist die Terrasse fertig und Björni glücklich. Federleicht streicht die geliebte Hausbesetzerin den Punkt von der todo-Liste und sagt „dann können wir ja auch schon los“.
In ihrer grenzenlosen Güte vergisst sie diesmal zu erwähnen, dass wir schon seit 21 Stunden dort sein wollten. Um so viel hat sich der geniale Plan der Platzbesetzer nämlich gerade verschoben. Nach hinten, versteht sich. Aber komm, die Terrasse sieht wirklich gut aus!
Walter schnurrt, Karl schnarcht, Soni fährt und Björni bedient das Navi. Nebenbei hören wir alle Podcast, inzwischen eine unserer Lieblingsbeschäftigungen während der Fahrt.
Unsere Empfehlung: „tierisch menschlich“ von und mit Martin Rütter. Und es geht darin am allerwenigsten um Hunde, ehrlich! Großartige, kluge Unterhaltung! Aber natürlich erst, wenn Ihr unsere letzte Podcastfolge gehört habt 😉
Kein Stau, keine Umleitung, kein Malheur – nach zweieinhalb Folgen Podcast hören und etwas mehr als drei Stunden Fahrt sind wir auch schon da. Es ist zwar inzwischen dunkel, aber ich bin mir sicher, aus der Ferne höre ich die Loreley ganz lieblich singen.
„Ach dat wird aber schön ann’e Mosel!“ kann ich meine Vorfreude kaum im Zaum halten, als wir nach dem zweiten Versuch einen Stellplatz für die Nacht finden. (für den ersten, favorisierten Stellplatz sind wir exakt 13 Minuten zu spät angekommen, aber damit will ich Euch nicht langweilen).
Ich liebe es, von Meeresrauschen, Möwengeschrei und salziger Luft geweckt zu werden.
Und der nächste Morgen bietet mir genau das! Aber es wird noch besser: zum Frühstück soll es Fischbrötchen vom nahgelegenen Wochenmarkt geben. Perfekt – frischer geht es nämlich gar nicht.
Von der Gegend hier haben wir ja schon viel gehört – vor allem Chrischan, unser Gast im letzten Podcast der Platzbesetzer, ist ein großer Fan und hat mir während der Hinfahrt noch ganz viele Insidertipps geschickt.
Wir machen uns also auf den Weg, müssen zweimal über den Deich, dann vorbei an ganz niedlichen, kleinen Reetgedeckten Häusern, Salzgras in den Vorgärten und schon sind wir da.
Deich? Reetgedeckte Häuser? Möwen und salzige Luft?
Hatten die Platzbesetzer ihre erste Weinprobe schon vorm Aufstehen oder ist es der kalte Entzug? Das ist nicht Cochem an der Mosel!
Stimmt, das ist Sankt Peter Ording. Und hier singt nicht die Loreley, hier knurrt die Nordsee.
Kurz bevor wir zu Hause in den Walter gestiegen sind, haben wir uns noch einmal tief in die Augen geschaut …. (jaja, einen Kuss gab es auch, aber Romantik war erst für die Mosel vorgesehen)… und dabei haben wir beschlossen, dass 7 Stunden Fahrt hin und 7 Stunden zurück für 3 Tage Aufenthalt einfach zu viel sind.
Ein kurzer Blick auf die Karte:
„Was lieben wir?“ Das Meer!
„Wo waren wir noch nicht?“ Nordsee!
„Was kennen wir wenigstens aus Erzählungen?“ Sankt Peter!
Und der Weinvorrat? Der kalte Entzug?
Verschoben. NATÜRLICH hat Walter einen Zwischenboden und natürlich liegt da noch Wein. Das reicht nicht ewig, aber für eine halbe Woche an der Nordsee ganz bestimmt. Und wenn wir wieder zurück sind, können wir ja immer noch hektisch werden.
Auf Hektik haben wir im Moment nämlich gar keine Lust mehr. Da passt es gut, dass uns Sankt Peter mit ordentlich Wind, dunklen Wolken und ziemlich kühl empfängt. Nach dem Frühstück auf dem Wochenmarkt heizen wir Walter auf 25° und ziehen uns zurück. Mehr als ein gutes Buch, ein Mittagsschläfchen und das Rauschen der Nordsee im Hintergrund brauchen wir heute nicht. Naja, später den versteckten Rotwein vielleicht noch.
Am nächsten Morgen hören wir die Loreley wieder singen … ähm die Nordsee rauschen. Um 5:30 bin ich fertig mit schlafen, die geliebte Platzbesetzerin und Karl natürlich noch nicht. Ich schleiche durch das Wohnmobil und will die beiden nicht wecken. Aber bei weniger als 15 m² ist man mit Schleichen auch schnell fertig.
Kaffee kochen geht recht geräuscharm, deshalb mache ich das erstmal. Auch hier sind wir übrigens volles Rohr Klischee: im Walter haben wir Nescafe Gold und was soll ich sagen – ich liebe ihn. Sonst bin ich ja recht wählerisch bei Kaffee, aber hier kann ich es ja verraten: wenn wir 2-3 Wochen mal nicht unterwegs sein können, setze ich mich morgens heimlich in den Walter und koche mir dort einen Nescafe. Soni denkt bis heute, ich wäre in dieser Zeit mit Karl unterwegs. Aber er hat versprochen, mich nicht zu verraten.
So ist es auch heute – Karl ist zwar inzwischen wach, aber schläfrig und still. Irgendwann schnappe ich ihn mir trotzdem und wir drehen die erste Platzrunde. Schön ist er angelegt, der „Reisemobilhafen-SPO“. Aber irgendwie ist es laut hier – und das ist weder die Nordsee noch irgendein anderer, lieblicher Gesang.
Ich werde angeschrien.
Alle 5 Meter steht hier irgendein Verbots- oder Hinweisschild und schreit mich an.
Wie man jemanden mit Schildern anschreien kann?
INDEM MAN ALLES GROSS SCHREIBT und hinter jeden Satz mindestens ein Ausrufezeichen setzt!!!!!!!
Auf dem Klo soll ich die Tür festhalten, wenn es windig ist. Geschirr spülen, Gemüse waschen und jeder andere Missbrauch des Waschbeckens ist strengstens verboten. Wenn ich meinen Impfausweis nicht binnen 72 Stunden per E-Mail versende, werde ich des Platzes verwiesen. Und durch die Schranke fährst Du gefälligst nur einzeln, die schließt nämlich automatisch und schnell!!!!!
UND WENN DU IN DIE STADT GEHST, BRINGST DU GEFÄLLIGST BRÖTCHEN FÜR DIE FRAU MIT, HAST DUUUUUU DAAAAS VERSTANDEN? …… !!!!
Wer mich kennt weiß, welche Wirkung Verbote und Anweisungen dieser Art auf mich haben…. wer mich nicht kennt, stellt mir so ein Teil einfach mal vor die Nase.
Ich erwische mich dabei, wie ich morgens um halb sieben elegant unter der Schranke hindurch schlüpfe. Unterm Arm habe ich das schmutzige Geschirr aller Wohnmobile auf dem Platz und starte in DEM Waschbecken eine ausführliche Schaumparty. Als ich endlich fertig bin, lasse ich die Tür fröhlich im Wind klappern und klettere noch schnell auf die „Wallanlagen“ rund um den „Reisemobilhafen“ – das ist nämlich ebenso verboten, wie den Müll nicht zu trennen.
Befriedigt und ohne Brötchen kehre ich zu Walter und der gesetzestreuen Platzbesetzerin zurück.
Wir packen unsere sieben Sachen und verschwinden hier, bevor mir der Platzwart noch den absurden Befehl gibt, vor der eigenen Tür zu kehren.
Die Sonne scheint so doll sie kann und wir folgen ihr zum Strand. Genauer gesagt: auf den Strand. Hier kann man nämlich nicht nur an den Strand fahren, sondern auf den Strand. Sogar mit Walter.
Für einen kurzen Augenblick hat Soni wieder diesen Schweden-Moment, als wir mitten im Wald zurück gerutscht statt wieder hochgefahren sind. Aber sie ist ganz tapfer. Als Walter im weichen Mullersand ein wenig rutscht und schlidddert, freue ich mich wie der kleine Junge am Rodel-Berg. Soni zuckt eher zusammen wie Muddi, die unten auf den Jungen wartet. Aber nur ganz kurz und sie lässt es sich fast nicht anmerken.
Es ist sensationell: über den Schlick fahren wir bis zur Hochwasserkante und parken quer zum Wasser. Das ist allerdings gerade auf dem Rückzug und etwa 800 Meter weit weg. Egal, es ist ein Traumstellplatz an einem Traumstrand bei Traumwetter! Ach ja – der Platzwart war auch schon hier. „Übernachten verboten“ steht auf über-lebensgroßen Schildern. Was soll’s, wollten wir eh nicht. Wer will schon am Strand …. auf dem Strand, direkt am Wasser? Ach neee – wir jedenfalls nicht.
Stattdessen toben wir mit Karl am Strand entlang, halten Mittagsschläfchen in der Sonne, trinken einen Aperol und lernen zwei Freundinnen aus dem Saarland kennen. Ich sag ja, „am Meer ist alles besser“.
Ich weiß nicht, war es zu viel Sonne, zu wenig Wein oder der frische Wind, der hier allenthalben weht. Auf jeden Fall sind wir voll die Spießer, fehlt nur noch der Kunstrasern vor dem Wohnmobil und der Tritt als Einstiegshilfe. Wir sind bald so weit. Denn tatsächlich rufen wir RECHTZEITIG beim Campingplatz an und RESERVIEREN uns einen Platz für die Nacht.
Wer sind Sie uns was haben Sie mit den Platzbesetzern gemacht???
Egal, ich will es gar nicht wissen. Falls wir irgendwann anfangen, unseren Urlaub 6 Monate im Voraus zu planen und zu buchen, kann vielleicht ja mal jemand zum Fieber messen kommen. Bis dahin geht es uns einfach blendend.
Apropos blenden: auch am nächsten Tag scheint die Sonne, als würde es nie wieder Sommer geben und Soni holt sich einen kleinen Brandy. Deshalb sitzt sie jetzt gerade, während ich das hier schreibe, mit einer kühlenden Aloe-ich-weiß-nicht-was-Maske mir gegenüber und ich darf nur innerlich grinsen. Vor allem aber darf ich niemandem davon erzählen. Mach ich ja auch nicht, versprochen. Aber sieht süß aus, irgendwie….
Heute gab es eine große Premiere. Wir sind wieder unterwegs, den endlosen Strand entlang und egal welchen anderen Hund Karl anspringt, anflirtet, bettelt oder anstupst – keiner will mit ihm spielen. Oder darf nicht, weil Herrchen/Frauchen irgendwie verspannt sind. Also muss der Alte über den Strand toben, laufen, sich anspringen lassen und wird in die Leine eingewickelt. Hahahaha – lustig! „Ein bisschen Bewegung tut (Dir) ja auch ganz gut, nicht wahr SCHATZ?!“
… hmm, wem wollte ich das mit der Maske alles nicht erzählen….?
Ich schweife ab. Jedenfalls treffen wir irgendwann auf Willi. Ein ebenso halbstarker, tobesüchtiger, kleiner Hund wie Karl, ebenso hübsch und mit ebenso ausgesprochen netten Herrchen und Frauchen, wie wir es sind …. ähm … räusper … also, was ich sagen wollte. Karl und Willi verstehen sich bombe, wir uns mit den beiden Angestellten von Willi auch.
Und dann wagen wir es (vor allem Soni): wir lassen Karl frei laufen. Ohne Zaun, ohne Leine. Einfach frei am Strand. Und es funktioniert. Er läuft sich die Birne frei, kommt zu uns zurück und alle haben einen riesigen Spaß. Sollte Karl am Ende doch noch ein normaler Hund werden? Wir werden sehen.
Im Kühlschrank haben wir heute Abend doch glatt noch drei Flaschen feinsten Riesling von „Moselmano“ gefunden. Es stimmt also wirklich: „watt is dat schön ann’e Mosel“ – zumindest soweit wir das einschätzen können. Prost denn auch!
PS: Cliffhanger. Am Dienstag geht es schon weiter, dann sind Walter und Björni nämlich das erste Mal allein unterwegs. Dienstlich. Ach herrje!